Petition gegen Gentechnik
Nicht hinter unserem Rücken
Warum neue Gentechnik keinen Freifahrtschein bekommen sollte
Gentechnik ist schon lang kein Fremdwort mehr. Die Forschung beschäftigt sich mehr und mehr mit Methoden, die zum Beispiel Pflanzen durch gentechnische Veränderungen anpassungsfähiger und widerstandsfähiger machen sollen. Dass diese Ansätze nicht einfach nur positive Ergebnisse, sondern auch Risiken mit sich bringen, wird oft verschwiegen. Gentechnik in der Lebensmittelkette sollte deshalb weiterhin klar gekennzeichnet sein. Die Petition „Nicht hinter unserem Rücken“ setzt sich gegen das Aufweichen der EU-Gesetzgebung bei der Kennzeichnung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) ein.
Was bedeutet Gentechnik?
Bei der sogenannten Gentechnik wird in die Zelle eines Organismus eingegriffen und dessen Erbgut künstlich verändert. Dabei wird etwa das Erbgut neu kombiniert oder Teile des Erbguts eines anderen Organismus übertragen.
Ein modernes Verfahren der Gentechnik ist die sogenannte Genschere CRISPR/Cas.
Hier werden gezielt Gene ausgeschalten, verändert und ausgetauscht. Zurzeit ist umstritten, ob CRISPR/Cas überhaupt als Gentechnik zu kennzeichnen ist, obwohl es sich ganz klar um einen Eingriff in die Zelle handelt.
Warum braucht es eine Petition?
Bisher dürfen nur zugelassene gentechnisch veränderte Organismen (GVO) auf den Markt, wenn sie gekennzeichnet und auf ihre Risiken geprüft wurden. So können Verbraucher*innen, Züchter*innen, Landwirt*innen und Akteure aus Verarbeitung und Handel selbst entscheiden, was sie produzieren oder konsumieren wollen. Doch die europäische Kommission beabsichtigt, die jetzige Gesetzgebung aufzuweichen und diese Wahlfreiheit einzuschränken. Dadurch könnten GVO nicht mehr von anderen Organismen unterschieden werden.
Der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) ruft mit der Petition „Nicht hinter unserem Rücken“ die Verantwortlichen in der Politik dazu auf, sich für eine konsequente Regulierung auch neuer Gentechniken einzusetzen. Wir unterstützen diese Petition und freuen uns auch über Ihre Unterstützung!
Hier geht es zur Petition
Christian Rank, Ökolandwirt
Grüne Gentechnik gleicht einem vergifteten Apfel. Als vermeintlicher „Heilsbringer" für Welthunger und Klimawandel verspricht sie multinationalen Agrarkonzernen sicherlich süße Renditen. Doch unserer Gesellschaft und uns Bäuerinnen und Bauern stößt dieser „Fortschritt" am Ende sauer auf: Hohe Kosten. Kontrollierte Abhängigkeiten. Unkalkulierbare Risiken.
Es geht dabei nicht nur um ein modifiziertes Saatkorn im Acker, sondern um Freiheit, Selbstbestimmung und künftige Generationen. Unser aller Lebensgrundlage findet in natura auf den Ackerböden statt — nicht auf dem Börsenparkett oder dem Labortisch!
Wir fragen nach
Herbert Völkle, Ökozüchter bei der Getreidezüchtung Peter Kunz (gzpk) und Vorstandsmitglied des Dachverbands ökologische Pflanzenzüchtung, erklärt uns die Bedeutung der Gentechnik für die Ökozüchtung.
Was ist der Hintergrund der Petition des BÖLW?
Es geht vor allem darum, dass der Biolandbau weiterhin das machen kann, was er tut - nämlich klassische Züchtung ohne Gentechnik und Anbau dieser klassisch gezüchteten Sorten. Und dafür braucht es Zulassungsverfahren mit Risikoprüfung, damit wir hinterher auch die Transparenz haben, welche Sorte aus welcher Züchtung stammt.
Wie siehst du das Thema Gentechnik aus Ökozüchtungssicht?
Meine größte Sorge ist die Fokussierung auf einzelne Methoden und Lösungen, indem man ein paar Basenpaare austauscht, um verschiedene Herausforderungen zu beantworten. Das ist die Ausrottung eines Handwerks. So verlieren wir die Biodiversität, die wir in den Zuchtgärten aktuell noch haben, und zwar im jährlichen Anbau durch Züchter*innen. Wenn man eine klassische Kreuzung erstellt, kommt eine große Vielfalt an Pflanzen raus. Man hat einen großen dynamischen, ständig in Bewegung befindlichen Pool an Biodiversität und sucht daraus die Pflanzen, die für die Landwirtschaft von heute geeignet sind. In der Ökozüchtung brauchen keine Gentechnik, weil wir mit unserem ganzheitlichen Ansatz auch weit kommen. Mittelständische Züchterinnen und Züchter kommen hier zudem in unglaubliche Abhängigkeiten von Konzernen. Die Methoden sind nämlich patentiert und unterliegen Lizenzpflichten.
Welche Probleme kommen auf Kund*innen zu, wenn die Kennzeichnungspflicht wegfällt? Wo liegt das Risiko?
Das große Risiko ist das Wegfallen der Wahlfreiheit. Es kommt immer das Argument, dass wir mit einer Regulierung in Europa das Problem an die EU-Außengrenzen verlagern. Das stimmt natürlich schon, denn bereits in wenigen Jahren wird es Produkte aus den USA, China und Südamerika bei uns geben, die mit der neuen Gentechnik behandelt und nicht deklariert sind. Die, die das nicht wollen, müssen sich dann noch mehr an regionale Produkte halten. Natürlich werden GVO ihren Weg nach Europa finden, aber wir können ja trotzdem unsere Hausaufgaben machen und für die Regulierung, die Transparenz und die Wahlfreiheit sorgen.
Welche Auswirkungen gibt es durch den Einsatz von Gentechnik?
Ich sehe keine positiven Auswirkungen. Die stärkste negative Auswirkung ist eine weitere Beschleunigung des Strukturwandels, eine weitere Zentralisierung, der Verlust an Biodiversität und neue Abhängigkeiten, die entstehen.