Handel ist Wandel

Ein Blick in die Arbeitsweisen über die Jahre

Wer heute Bio-Produkte kaufen möchte, wird in jedem Laden fündig. Das war nicht immer so. Als Thomas Greim und Claudia Nossol 1974 mit ihrer Idee von dennree starteten, gab es nur wenige Reformhäuser mit noch weniger Auswahl an Bio-Lebensmitteln.

Naturkostläden, wie wir sie heute kennen, entwickelten sich erst in den 80ern. Innerhalb von nur zehn Jahren stieg die Zahl der Läden von 100 auf 1.000 an. Sie unterschieden sich deutlich von den BioMärkten die wir heute kennen: Das Sortiment war klein, die Ladengröße überschaubar und die Kundschaft auf einen Blick erkennbar. In der Bio-Branche kannte man sich zu dieser Zeit persönlich, alle „Fremden“ wurden kritisch beäugt. Oft waren die gemieteten Läden zu groß, denn das Angebot an Bio-Produkten beschränkte sich überwiegend auf Müsli, Getreide, Obst und Gemüse. Auch Thomas Greim und Claudia Nossol teilten sich ihren ersten Laden in Berlin mit Eltern der dortigen Waldorfschule. Als die ersten Läden anfingen, Kühlungen und Metallregale statt Holz zu verwenden oder Tiefkühlprodukte zu verkaufen, waren die Bio-Kund*innen erst einmal skeptisch. Nach und nach stieg aber die Nachfrage nach weiteren Bio-Produkten und die Bio-Branche erlebte einen Aufschwung. Um die Nachfrage zu decken, gingen Bio-Händler*innen auf die Suche nach passenden Lieferant*innen – und dabei teilweise erstmals über die eigenen Ländergrenzen hinaus.

Heute ist Handel weltweit kein Problem: Dank Internet und Telefon können Händler*innen auf der ganzen Welt mit Lieferant*innen kommunizieren. Damals gab es diese Möglichkeiten noch nicht. Wer sich sprachlich verständigen konnte, hatte die Möglichkeit, in einer Telefonzelle bei Lieferanten anzurufen und seine Produkte zu bestellen. Natürlich nach 22 Uhr, denn der Nachttarif war günstiger und es mussten nicht so viele Münzen eingeworfen werden. Oder man fuhr zu den Lieferant*innen und machte vor Ort Bestellungen aus. Einige Landwirt*innen lieferten ihre Waren sogar noch persönlich in den Markt. Das steigerte natürlich den persönlichen Kontakt, war aber für beide Seiten sehr aufwendig. War man der Landessprache nicht mächtig, kamen noch Sprachbarrieren hinzu. Eine gemeinsame Verständigung auf Englisch war damals noch nicht üblich. Auch gab es keine Übersetzungsprogramme. Deshalb half man sich in den 70er Jahren mit Lochstreifen. Die benötigten Infos wurden durch eingestanzte Löcher weitergegeben.

Später kamen eigene Telefone dazu, dann konnten Bestellungen mit Stift und Papier weitergegeben werden. Das Telefon als Bestellungsmedium wurde dann durch das Faxgerät abgelöst, was jedoch noch nicht sonderlich viel Erleichterung brachte. Auch hier mussten Mitarbeitende Nummer für Nummer händisch eintragen, um im Fachhandel zu bestellen. Heute wäre die Bestellmenge per Telefon oder Fax gar nicht mehr zu bewältigen.

Nach der Jahrtausendwende zog die Digitalisierung ein und Bestellungen wurden online über eine eigene Website bestellt. Dabei sehen die Mitarbeitenden auf einen Blick Informationen, Preise und ein Bild zum Produkt. Alle Produkte, die verkauft wurden, kamen in größeren Verpackungen im Laden an. Die Verkäufer*innen mussten damals selbst abwiegen, kleiner verpacken und beschriften. „Etiketten“ waren damals Zettel, die zurechtgeschnitten, auf Tüten geklebt und dann per Hand beschriftet wurden. Außerdem war Bio damals noch nicht geschützt, weshalb man oft als Produktbezeichnung „aus kontrolliert biologischem Anbau“ wählte. Das Abdrucken der Inhaltsstoffe wurde erst später verpflichtend. Auch hier fand der technische Fortschritt Einzug: Heute werden Etiketten automatisch erstellt.

Heute ist die Digitalisierung nicht mehr wegzudenken. Auch der Handel hat sich die letzten 50 Jahre enorm professionalisiert – und ist damit noch lange nicht an den Grenzen der technischen Möglichkeiten angekommen.