Castillo de Enguera Reserva

Castillo de Enguera Reserva

Valencia, Spanien

Süßholz, Brombeere, Teerwürze

dicht, schwarz, südlich

Tapenade aus schwarzen Oliven, geschmorte Pilze, gegrillte Auberginen mit Berglinsen-Curry

Die »Castillo de Enguera Reserva« stammt aus dem mediterranen Hinterland von Valencia und ist ein Rotwein, den man fast Schwarzwein nennen könnte. Die lokale Monastrell-Rebe wird mit Tempranillo ergänzt und bekommt dadurch noch mehr dunkelbeerige Würze zur Seite gestellt. Winzer Juan Ramón Iglesias Pérez hat den Wein nach den traditionellen spanischen Reserva-Bedingungen lange im Holzfass ausgebaut, so dass 2018 tatsächlich der aktuelle Jahrgang ist. Die Castillo de Enguera Reserva besitzt Noten von schwarzen Oliven und leicht rauchigem Unterholz. Dadurch passen Gerichte wie Tapenade, gegrillte Auberginen oder geschmorte Pilze hervorragend zu unserem Wein. Die Orangenblüte, die als Raumduft über dem Tal von Enguera schwebt, gibt es allerdings nur vor Ort...

Wer hat im Frühling keine Lust, nach Valencia zu fahren? Das soll natürlich eine rhetorische Frage sein, denn ich persönlich kann mir schwer vorstellen, dass es viele Leute gibt, für die das eine schreckliche Vorstellung wäre. Denn nach den ganzen kalten und klammen Monaten außerhalb und manchmal gar innerhalb des Hauses gibt es doch kaum etwas Schöneres als den Frühlingseinzug. Jener findet in Valencia über einen Monat früher statt als in Deutschland. Und genau aus dieser Region, in der die Orangenbäume im April ihren betörenden Duft in die Luft schicken, stammt unser Wein.

In der Landschaft mit den vielen Oliven- und Orangenbäumen ist Pedro Pérez geboren und aufgewachsen, der Winzer hinter dem Castillo de Enguera Reserva. Im Jahr 1999 erfüllte er sich seinen Traum mit der Gründung eines Weinguts. Mittlerweile hat mit Juan Ramón Iglesias Pérez bereits die dritte Generation das Ruder übernommen. Enguera ist auch der Name der Kleinstadt im Hinterland von Valencia. Ganz in der Nähe gibt es als UNESCO-Weltkulturerbe deklarierte Höhlenmalereien, und vom Berg grüßt eine Burgruine aus der Maurenzeit - das Castillo, genau.

Die Reben stehen bei Enguera in der sogenannten Gobelet-Erziehung. Das ist eine Technik, die schon die alten Griechen praktiziert haben - und die völlig anders aussieht als bei uns. Während wir die Reben ja an einem Drahtrahmen befestigen, steht der Rebstock in der Gobelet-Erziehung völlig frei als kleiner Busch auf dem Weinfeld. Im mediterranen Klima ist es nämlich wichtiger, dass die oberen Blätter dieses Busches den Trauben Schatten geben und die Verdunstung verhindern, während bei uns die Traubenzone zwecks Sonnenexposition oft extra freigeschnitten wird.

Wie schmeckt der Wein?

Nach diesem kleinen weinbaulichen Exkurs aber zurück zu unserem Wein. Die Bezeichnung Reserva beim roten Spanier ist nicht einfach frei gewählt, sondern es handelt sich um einen festgelegten traditionellen Begriff des spanischen Weinrechts. Jener bedeutet, dass der Wein nach der Gärung eine bestimmte Zeit im Fass gelegen haben muss, bevor er in den Verkauf kommen darf. Aus diesem Grund stammt der Castillo de Enguera Reserva noch aus dem Jahrgang 2018, obwohl es sich keinesfalls um einen Regalschläfer, sondern um ein nagelneues Produkt handelt. Die Zeit im Fass dient vor allem dazu, dass sich die einzelnen Komponenten im Wein wie Frucht, Säure und Gerbstoffe besser einbinden, sich sozusagen harmonisieren.

Zwei Rebsorten sind in unserem Wein vereint, Monastrell und Tempranillo. Monastrell ist dabei die klassische Sorte des spanischen Mittelmeers, während aus Tempranillo die großen Weine des kastilischen Hochlands gekeltert werden. Meer plus Land gleich Doppel-Spanien.

Warm und würzig wirkt die Reserva sofort in der Nase mit Noten von dunklen Beeren und einem leichten Teer-Anklang. Das hört sich erst einmal ungewöhnlich an, aber diese Teer- und Süßholznoten sind typisch für reifen Tempranillo - das muss man unbedingt einmal probieren! Im Mund bleibt der Wein auf der dichten und fast schwarzen Fruchtseite, dagegen scheint sogar eine Brombeere hell. Mit etwas Luft findet Castillo de Enguera Reserva seine harmonische Mitte, die Gerbstoffe kleiden sanft den Gaumen aus.

Was passt zum dunklen Spanier?

So ein urspanisches Gewächs eignet sich natürlich ganz fantastisch als Essensbegleiter. Allerdings funktioniert nicht alles dabei gleichermaßen gut. Für eine Paella nach valencianischer Art sind die Gegensätze vielleicht ein wenig zu groß. Stattdessen kann man die dunklen, würzigen und erdigen Töne aufnehmen und entweder mit Ähnlichkeiten oder mit Ergänzungen arbeiten. Wenn es um ähnliche Nuancen geht, stehen schwarze Oliven ganz oben und bestätigen auch das Gesetz, dass Weine und Speisen aus derselben Region sich oft gemeinsam entwickelt haben. Geschmorte Pilze, Smoked Paprika als Gewürz oder auch gegrillte Auberginen mit Berglinsen-Curry besitzen alle diese rauchige Komponente, welche die Castillo de Enguera Reserva unterschwellig bereits in sich trägt.

Spannend sind aber auch die komplementären Kombinationen. Gedünstete Petersilienwurzeln oder geschmorte Zwiebeln besitzen eine Süßenote, die der schwarze Wein überraschend gut ins eigene Portfolio aufnimmt. Indische Mischungen wie Tikka Massala (ohne Tomaten) schaukeln die Würze in beiden Partnern auf ein höheres Niveau. Und schließlich gibt es noch die etwas abenteuerlich klingende Möglichkeit, zu Fleisch- oder auch Gemüsegerichten Sencha-Teeblätter einzusetzen. Der Wein sorgt dann für dunkle Dichte und Tiefe, der Sencha bringt grüne und frische Noten als Kontrapunkt mit hinein. Zu crazy? Kichererbsen oder Couscous mit Rosinen gehen immer.

Über den Autor Matthias Neske

Von Rebsorten hatte ich bis zum Abitur noch nichts gehört. Das änderte sich ein paar Jahre später schlagartig, als ich meine Diplomarbeit in Südfrankreich schrieb, genauer gesagt im Städtchen Carpentras unweit des Mont Ventoux. Hier redeten die Menschen ständig über Essen und Trinken, und so kam es, dass ich immer mehr Begeisterung für die uralte Weinkultur entwickelte.

Alles hat eine Bedeutung für den Wein: die Böden, das Klima, die Rebsorten, die Kunst des An- und Ausbaus, eine gleichzeitig verwirrende wie faszinierende Welt, ein Bindeglied zwischen Natur und Kultur. Als ich die kletternden Ranken für mich ein wenig entworren hatte, startete ich im Jahr 2010 mit meinem Blog. Seitdem bin ich leidenschaftlich dabei, anderen Menschen Geschichten über Wein zu erzählen.