Marabelle Pecorino

Weißweinland Italien! Hört sich das komisch an? Ja, irgendwie schon. Aber trotzdem ist es nicht komplett falsch, denn 43% der italienischen Weine werden tatsächlich aus weißen Rebsorten gekeltert. Die allermeisten davon sind ur-italienische Sorten, die oft nur in einer bestimmten Region vorkommen und dort schon seit langer Zeit angebaut werden. Warum das so ist? Nun, in Italien ist Wein zum Essen da. In übertragenem Sinne natürlich, denn selbst in Italien trinkt man den Wein. Aber regionaler Wein und regionale Speisen bilden eine Kombination, die einfach zwingend zusammengehört. Weil aber auch in der italienischen Küche nicht immer nur das Steak auf dem Grill brutzelt, sondern oft auch Fisch oder Gemüse angesagt sind, gibt es entsprechend viele Weißweine. Einer davon ist der Marabelle Pecorino.

Marabelle Pecorino - der Weiße von der Adria

Pecorino, das klingt doch eigentlich nach Käse. Tatsächlich ist Pecorino auch der Name für Hartkäse aus Schafsmilch, und fast jede italienische Provinz hat davon eine eigene Version. Pecorino heißt aber auch eine Rebsorte, nämlich jene, aus der unser Wein des Monats hergestellt wurde. Pecorino als Rebsorte ist uralt, und Wissenschaftler halten es für nicht unwahrscheinlich, dass sie in den Bergen der Abruzzen einstmals aus wilden Reben gezogen wurde. Auch der Name hat damit zu tun. Man vermutet, dass die Hirten ihn vergeben haben, denn reife Trauben waren sowohl für sie selbst als auch für ihre Herde eine erfreuliche Abwechslung im Speiseplan.

Heute gibt es die Rebsorte vor allem im Hügelland, das sich ziemlich dicht an der Adriaküste erhebt. Wir befinden uns hier ungefähr auf der Mitte der Halbinsel, sozusagen von Rom aus einmal quer durch den Stiefel. Die Erträge sind bei Pecorino meist relativ gering, dafür besitzt die alte Rebsorte jedoch viel Widerstandskraft gegen allerlei Rebkrankheiten.

Wie schmeckt unser Wein des Monats Juli?

Frisch geöffnet fließt der Wein in einem blassen Zitronengelb ins Glas. Nach ein bisschen Schnuppern spürt man schon, dass dies eine überraschend fruchtige Angelegenheit sein könnte. Und tatsächlich, da ist nichts herb, krautig oder anstrengend. Eine frische Säure besitzt der Marabelle Pecorino, von den Fruchtaromen her ein bisschen in Richtung Mandarine, Orange und nicht ganz reifer Banane gehend. Das ist sehr animierend und wird noch besser, wenn man die Flasche nicht gleich austrinkt, sondern dem Wein ein bisschen Zeit und Luft gibt.

Ich schrieb ja schon, dass Wein und Essen in Italien eine Einheit bilden. Was kann man also zu unserem Pecorino am besten essen? Ganz klassisch sind natürlich die Gemüsesorten der Region, allen voran Artischocke und Fenchel oder auch Risotto mit Mittelmeerfisch. Ich habe mich jedoch von den bestimmenden Fruchtnoten des Weins ein bisschen inspirieren lassen und bin dabei auf durchaus abenteuerliche Kombinationen gestoßen.

Wie wäre es beispielsweise mit Mandelplätzchen, die mit geröstetem schwarzem Kardamom gewürzt sind? Das Ganze darf nicht zu süß sein, damit der Wein nicht schal wirkt, aber die orangenartige Frucht wird wunderbar aufgenommen. Sehr gut passt auch eine mexikanisch inspirierte Speise mit gekochten Tomatillos, Korianderblättern und neuen Kartoffeln. Oder schlicht weiße Pizza mit Ricotta und dem Gemüse der Saison. Da sind wir dann auch wieder in Italien. Summa summarum lässt sich also festhalten, dass unser Wein in der Lage ist, den Alltag ganz schön aufzupeppen.

Über den Autor Matthias Neske

Von Rebsorten hatte ich bis zum Abitur noch nichts gehört. Das änderte sich ein paar Jahre später schlagartig, als ich meine Diplomarbeit in Südfrankreich schrieb, genauer gesagt im Städtchen Carpentras unweit des Mont Ventoux. Hier redeten die Menschen ständig über Essen und Trinken, und so kam es, dass ich immer mehr Begeisterung für die uralte Weinkultur entwickelte.

Alles hat eine Bedeutung für den Wein: die Böden, das Klima, die Rebsorten, die Kunst des An- und Ausbaus, eine gleichzeitig verwirrende wie faszinierende Welt, ein Bindeglied zwischen Natur und Kultur. Als ich die kletternden Ranken für mich ein wenig entworren hatte, startete ich im Jahr 2010 mit meinem Blog. Seitdem bin ich leidenschaftlich dabei, anderen Menschen Geschichten über Wein zu erzählen.