Mont'Albano Chiaretto di Bardolino

Bardolino ist eine Kleinstadt am Ostufer des Gardasees. Es gibt einen alten Turm, eine Seepromenade mit vielen Booten, Pizzeria, Gelateria und einen Frauenfußballverein, der vor 15 Jahren sensationell gleich zweimal italienischer Meister wurde. Ohnehin scheint das Leben am Übergang zwischen Alpen und Dolce Vita nicht ganz so schlecht zu sein. Für Letzteres ist neben Gelati und Seeblick auch der Wein zuständig. Ebenfalls Bardolino heißt nämlich der berühmte und meist angenehm leichte Wein der Gegend.

Woher kommt der Mont'Albano Chiaretto di Bardolino?

Wenige Kilometer entfernt in Richtung Verona befindet sich das Weingut Casa Sartori 1898, das die Mont’Albano-Weine herstellt. Hier am Südrand der Alpen gibt es Weinbau schon mindestens seit der Römerzeit, auch weil das Land ungeheuer fruchtbar ist. Im Frühsommer sieht man kaum den Boden vor lauter Blüten und wucherndem Grün. Aus diesem Grund wird vielerorts noch die sogenannte Pergola-Erziehung praktiziert. Die Reben ranken sich dabei an Pergola-Gestängen entlang und bilden ein Laubdach. Früher hat man diese Etagenwirtschaft dazu benutzt, um darunter noch Getreide oder Gemüse anzubauen, aber heute passiert so etwas höchstens noch in privaten Gärten.

Als ich letztes Jahr in der Region war, habe ich sehr interessiert eine Diskussion unter Winzer*innen verfolgt, bei der es um jenes Pergola-System ging. Mit dem Aufkommen der modernen Drahtrahmen war das alte Modell nämlich ein bisschen in Misskredit geraten, weil die Trauben unter dem Laubdach weniger Sonne abbekommen als an den akkurat ausgerichteten Drahtgestellen. Aber die Klimaerwärmung, die in Norditalien ebenso heftige Auswirkungen hat wie bei uns, führt teilweise wieder zu einem Umdenken. Mittlerweile ist man nämlich ganz froh, wenn die Trauben im Hochsommer ein wenig vor der direkten Sonnenstrahlung geschützt werden können, damit sie nicht zu früh und zu unharmonisch reifen.

Sommer am Gardasee - Mont'Albano Chiaretto di Bardolino

Und zu reif dürfen die Trauben nicht werden für einen schönen Bardolino Chiaretto. Ist Bardolino an sich der Name für den Rotwein, bekommt der Rosé den Beinamen »Chiaretto«, was ähnlich wie Clarete oder Clairet einen klaren, sprich »durchsichtigen« Wein bezeichnet. Die Trauben der lokalen roten Rebsorten Corvina, Rondinella und Molinara bleiben dabei nach der (relativ frühen) Ernte eine Zeitlang gemeinsam in einem Bottich. Und zwar genau so lange, bis die Farbstoffe aus den Beerenschalen dem Most die gewünschte Tönung verpasst haben. Danach werden die Beeren sanft gepresst, und das rosafarbene Ergebnis wird weiter vergoren wie ein Weißwein.

Unser Wein zeigt sich blassrosa im Glas, was laut unbestätigten Umfragen die allerbeliebteste Weinfarbe überhaupt ist. In der Nase eher zart duftend, bietet der Chiaretto di Bardolino einen sommerlichen Fruchtkorb im Mund an. Das schmeckt nach weißem Pfirsich, nach Erdbeeren, nach Orangenzeste und Wassermelone, und dabei ist alles ganz leicht und frisch. Feierabend-Gartenparty-mit-den-Füßen-baumel-Wein, wunderbar.

Was schmeckt dazu?

Weil der Rosé so feinfruchtig daherkommt, darf man ihn nicht mit stark gewürzten Speisen überlasten. Couscous pikant, ansonsten ein heißer Tipp für kräftigere Rosés, bietet sich hier also weniger an. Stattdessen kann man auf die Küche der Region zurückgreifen. Bruschetta mit ein wenig Tomaten, Basilikum und einem Tropfen Olivenöl, das funktioniert ganz hervorragend. Auch die gute alte Pizza mit Artischocken passt zu einem leichten Bardolino. Wer ein entsprechendes Angebot vor Ort hat, sollte unbedingt einmal solche »rötlichen« mediterranen Fische wie Rotbarbe oder Knurrhahn dazu versuchen.

Mein Fazit nach einem Gläschen Chiaretto di Bardolino: Irgendwie habe ich das Gefühl, ich könnte analog zum Wein noch ein bisschen mehr Leichtigkeit in mein Leben lassen. Vielleicht sollte ich gleich morgen damit anfangen…

Über den Autor Matthias Neske

Von Rebsorten hatte ich bis zum Abitur noch nichts gehört. Das änderte sich ein paar Jahre später schlagartig, als ich meine Diplomarbeit in Südfrankreich schrieb, genauer gesagt im Städtchen Carpentras unweit des Mont Ventoux. Hier redeten die Menschen ständig über Essen und Trinken, und so kam es, dass ich immer mehr Begeisterung für die uralte Weinkultur entwickelte.

Alles hat eine Bedeutung für den Wein: die Böden, das Klima, die Rebsorten, die Kunst des An- und Ausbaus, eine gleichzeitig verwirrende wie faszinierende Welt, ein Bindeglied zwischen Natur und Kultur. Als ich die kletternden Ranken für mich ein wenig entworren hatte, startete ich im Jahr 2010 mit meinem Blog. Seitdem bin ich leidenschaftlich dabei, anderen Menschen Geschichten über Wein zu erzählen.