Riesling / Grauer Burgunder Meisterstück

RIESLING / GRAUER BURGUNDER MEISTERSTÜCK

Pfalz/Deutschland

Apfel, Zitrone, Kräuter

frischfruchtig, leicht, vielseitig

Spaghetti Pesto, Gurken-Feta-Salat, Spinatpizza

Grauburgunder oder »Pinot Grigio« (dieselbe Rebsorte) ist seit einiger Zeit der beliebteste Wein in Deutschland. Das kommt daher, dass er gern säurearm und geschmeidig auftritt. Bei unserem Wein des Monats sorgt ein frischer Anteil Riesling für ein bisschen mehr Pepp im Gesamtauftritt. Auf diese Weise kommen auch die Aromen nach Apfel und Zitrone wunderbar zur Geltung. Mit gemüselastigen Gerichten wie Spinatpizza oder auch einem Apfel-Sellerie-Salat harmoniert das Meisterstück hervorragend. Übrigens wird der Grauburgunder in der Pfalz schon über zwei Jahrhunderte länger angebaut als der Pinot Grigio in Italien. Wer hätte das gedacht?

Preisfrage: Was ist der beliebteste Wein in Deutschland? Champagner? Nein, viel zu selten. Primitivo? Schon ganz gut, den mögen auch viele, aber nein. Tatsächlich ist es der Grauburgunder, den man auch »Grauer Burgunder« schreiben kann. Wenn ihr beispielsweise in der Pfalz ein Fass Grauburgunder kaufen wolltet (zugegeben, privat ist das eher selten), müsstet ihr dafür fast das Doppelte zahlen wie für Müller-Thurgau oder Silvaner oder Portugieser. Grauburgunder ist damit die Rebsorte in Deutschland, für die die Winzer*innen am meisten Geld bekommen. Und dieser Preis kommt dadurch zustande, dass die Nachfrage nach Grauburgunder so groß ist. Fast jedes Restaurant hat Grauburgunder auf der Karte, und ich kenne wenige Weinfreund*innen, die noch nie einen getrunken haben. Aber warum ist das so?

Grauburgunder, der deutsche Lieblingswein

Wahrscheinlich spielen dabei zwei Dinge eine Rolle. Zum einen haben viele Menschen den Grauburgunder als »Pinot Grigio« im Italienurlaub (oder dem kleinen Italienurlaub in der Pizzeria) kennengelernt. Der Wein versprühte einfach das Gefühl von Mittelmeer und einer guten Zeit. Zum anderen hat der Grauburgunder geschmacklich etwas Anziehendes: Die Säure ist nicht zu hoch, der Wein schön geschmeidig und birnenfruchtig.

Die Tatsache, dass die Grauburgunder-Beliebtheit aus Italien zu uns gekommen ist, lässt vermuten, dass der Pinot Grigio auch von dort stammt. In Wirklichkeit aber gibt es die Rebsorte schon seit Jahrhunderten in Frankreich und am Rhein. In Italien wurde sie hingegen erst Anfang des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal angepflanzt. Das ist zwar auch schon 200 Jahre her, aber wir sind hier ja im Weinbau mit seinen oft sehr langen Traditionen.

Was ist denn so grau am Burgunder?

Bleibt noch die Frage, wieso der Grauburgunder denn Grauburgunder heißt. Auch nach längerem Nachdenken fällt mir eigentlich keine Farbe ein, die weniger mit Wein zu tun hat als ausgerechnet Grau. Unsere Vorfahren schienen da anderer Meinung gewesen zu sein. Die Bezeichnung stammt jedenfalls von den reifen Beerenschalen, die mit viel Fantasie einen leichten Graustich besitzen. Auf diese Weise wurde dem offensichtlichen Mischwesen zwischen einer roten und einer weißen Traube der graue Beiname verpasst.

Dass der Wein selbst nicht grau oder wenigstens zart rosastichig ist, hat dafür etwas mit der Bereitungsart zu tun. Die rosa-graue Farbe steckt nämlich ausschließlich in den Schalen. Wenn man die Beeren also nicht zu heftig presst oder so lange stehen lässt, bis sich die Schalenfarbe extrahiert hat, bekommt man aus dem weißgrünen Fruchtfleisch einen astrein weißgrünen Wein. So wie unser Exemplar, den Wein des Monats September.

Riesling / Grauer Burgunder »Meisterstück«

Beim Meisterstück aus der Pfalz steckt allerdings nicht nur Grauburgunder in der Flasche, sondern auch Riesling. Die beiden Rebsorten verstehen sich nämlich ausgesprochen gut. Riesling steuert Frucht und Frische zum gemeinsamen Werk bei, Grauburgunder Volumen und Geschmeidigkeit.

Schon in der Nase ist das »Meisterstück« wunderbar fruchtig. Da gibt es Noten von Aprikose, Birne und Zitrone, dazu einen leicht kräuterigen Touch. Im Mund ist das ein wirklich leichter und frischer Wein mit vielfältigen Apfeltönen. Im Elsass, einer der Hochburgen für Grauburgunder (er heißt dort »Pinot Gris«), erntet man die Trauben gern sehr spät, was in einem eher schweren und halbtrockenen Wein mündet.

Was passt zu unserem Meisterstück?

Unser Wein des Monats zeigt trotz derselben Rebsorte ein ganz anderes Gesicht, was vor allem am früheren Erntezeitpunkt liegt. Damit passt er zwar nicht so gut zu würzigem Münsterkäse wie die elsässischen Exemplare - aber zu (fast) allem anderen. Ich hatte nämlich oben noch ein Argument in der Liste vergessen, weshalb der Grauburgunder so beliebt bei uns ist: seine Vielseitigkeit bei Tisch.

Klassisch ist das »Meisterstück« zu Hause bei einer frischen, gemüselastigen Küche. Spaghetti mit grünem Pesto, Orecchiette mit Brokkoli, dank der reschen Rieslingsäure auch Salat mit Feta, Gurken und Tomaten oder schlichtweg fertige Spinatpizza aus der Tiefkühltruhe. Das funktioniert als Begleitung ebenso wie weißfleischiger Fisch. Ein bisschen Olivenöl darf durchaus mit dabei sein (wie bei Pesto oder Pizza), aber nicht kellenweise. Schließlich ist unser Pinot Grigio im Herzen doch ein echtes Pfälzer Gewächs.

Über den Autor Matthias Neske

Von Rebsorten hatte ich bis zum Abitur noch nichts gehört. Das änderte sich ein paar Jahre später schlagartig, als ich meine Diplomarbeit in Südfrankreich schrieb, genauer gesagt im Städtchen Carpentras unweit des Mont Ventoux. Hier redeten die Menschen ständig über Essen und Trinken, und so kam es, dass ich immer mehr Begeisterung für die uralte Weinkultur entwickelte.

Alles hat eine Bedeutung für den Wein: die Böden, das Klima, die Rebsorten, die Kunst des An- und Ausbaus, eine gleichzeitig verwirrende wie faszinierende Welt, ein Bindeglied zwischen Natur und Kultur. Als ich die kletternden Ranken für mich ein wenig entworren hatte, startete ich im Jahr 2010 mit meinem Blog. Seitdem bin ich leidenschaftlich dabei, anderen Menschen Geschichten über Wein zu erzählen.